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Nov
Albi: Wie Henri in Frankreich
Henri de Toulouse-Lautrec, exzentrischer Bohèmien, Chronist des Pariser Nachtlebens im Fin de Siècle, wuchs in der bäuerlich-bodenständigen Tarn-Region auf. Die Weltkulturerbe-Stadt Albi ehrt ihren berühmtesten Sohn mit einem Museum und kulinarischen Köstlichkeiten.
Foto: laurent frezouls cdt tarn_ Dort, wo Henri seine Kindheit und Jugend verbrachte, wird in noblen Restaurants wie in einfachen Bistros getafelt und gebechert.
Nein, rohe Gamskeule (Gigot de Chamois cru) stand dann doch nicht auf der Speisekarte. Auch Eichhörnchen (Écureuils) und Murmeltierpfeffer (Civet de Marmottes) scheinen ein wenig aus der Mode gekommen. Doch für den Bohneneintopf mit Dorsch (Cassoulet de morue) hat sich der Wirt des Le Lautrec in Albi an Die Kunst des Kochens (Verlag Hädecke) gehalten: Die Rezepte des Lokal-Namenspatrons Henri de Toulouse-Lautrec gab sein Freund Maurice Joyant nach dessen Tod heraus.
Grobe Würste, feine Pasteten, Gänseleber, Käse, Safranhonig, Fische, Fleische und Muscheln aller Art und, nicht zu vergessen, üppige Desserts: Dort, wo Henri seine Kindheit und Jugend verbrachte, wird in noblen Restaurants wie in einfachen Bistros getafelt und gebechert.
Wer sich auf die Spuren des französischen Fin-de-Siècle-Malerfürsten ins südwestliche Frankreich begibt, sollte jedenfalls nicht gerade mit einer Hungerkur liebäugeln. Herb perlender Mauzac aus der Gaillac-Gegend, grobe Würste, feine Pasteten, Gänseleber, Käse, Safranhonig, Fische, Fleische und Muscheln aller Art und, nicht zu vergessen, üppige Desserts: Dort, wo Henri seine Kindheit und Jugend verbrachte, wird in noblen Restaurants wie in einfachen Bistros getafelt und gebechert, wie es bei Toulouse-Lautrecs daheim am Schloss so üblich war: viel. Und gut. Und sehr traditionell.
Die berühmten Echaudés etwa bäckt Madame Veronique im Familienbetrieb immer noch wie vier Generationen vor ihr. Zwanzig Tonnen dieser speziellen Aniskeks produziert die Biscuiterie Deymier, verkauft werden sie ausschließlich auf den Wochenmärkten der Tarn-Provinz.
Dort, wo die Hügel weinbewachsen und die Menschen bodenständig sind; wo es sich der kauzige Toulouse-Lautrec-Epigone Bernard Bistes zur Lebensaufgabe macht, sein Château de Mauriac, das früher einem Cousin Toulouse-Lautrecs gehörte, mit viel Fingerspitzengefühl, finanziellem Aufwand und übermütigem Geschmack zu restaurieren. Dort, wo Eve und Yves Boismartel ihre Safranernte zu Honig und Sirups verarbeiten. Und wo auf Felsvorsprüngen mittelalterliche Festungen in den Himmel ragen, so wie Cordes-sur -Ciel, das 1222 von Graf Raimond von Toulouse gegründet wurde.
Hurenböcke und Dirnen
700 Jahre später, 1922, hat die Provinzhauptstadt Albi dem berühmtesten Spross aus dem Geschlechte der Toulouse-Lautrec ein Museum eingerichtet. Tausende Werke (acht davon sind übrigens zur Zeit im Kunstforum zu sehen), die ersten erotischen Poster, die weltberühmten Plakate für Moulin Rouge, Folies Bergère oder den von ihm besonders verehrten Aristide Bruant, Bordellstudien, Künstlerporträts, Saufgelage, Hurenböcke, Dirnen, Artisten.
Das nach der Straße hin fast griesgrämige Stadtpalais in Familienbesitz ist nicht zu besichtigen. Wohl aber das verwunschene, efeubewachsene Château du Bosc in Naucelle, etwa eine halbe Autostunde außerhalb von Albi.
Es entbehrt nicht einer gewissen Pikanterie, dass Lautrecs leichte Mädchen und lüsterne Herren ausgerechnet dort residieren, wo früher die Inquisition tagte: im Palais de la Berbie, dem Bischofspalast im Schatten der mächtigen gotischen Cäcilia-Kathedrale. Wie eine mächtige Gottestrutzburg überragt der sakrale Backsteinbau die roten Ziegeldächer der Weltkulturerbestadt. Die Gewölbemalerei im Inneren der Kirche ist mit über 97 Metern Länge und 28 Metern Breite das größte Werk der italienischen Renaissance in Frankreich.
Einen entspannten Spaziergang vom Museum entfernt, im Hôtel du Bosc, wurde am 24. November 1864 Henri, Sohn von Adolphe de Toulouse-Lautrec-Monfa und Adèle Tapié de Céleyran geboren. Vater und Mutter waren Cousin und Cousine ersten Grades, wegen seiner daraus resultierenden seltenen Erbkrankheit sowie zweier schlecht verheilter Beinbrüche in der Jugend blieb der große französische Künstler nur 1,52 Meter klein.
Heute wird das Château du Bosc von Nicole Tapié de Céleyran, seiner gleichermaßen betagten wie bezaubernden und robusten Großnichte, bewohnt und 365 Tage im Jahr als Museum bewirtschaftet.
Foto: Christian Riviere In der Orangerie des Familienschlosses zeichnete Karikaturen seiner Cousins und Cousinen auf Wände und Fliesen.
Bleistiftkrankheit
Heute wird es von Nicole Tapié de Céleyran, seiner gleichermaßen betagten wie bezaubernden und robusten Großnichte, bewohnt und 365 Tage im Jahr als Museum bewirtschaftet. Behende huscht die Comtesse über die im Laufe der Jahrhunderte buckelig und schlüpfrig gewordenen Steintreppen und knarzende Holzböden, weist auf Fotos hier, Erinnerungsstücke da. Besonders berührend jener Brief, den Henris Vater an seine Mutter schrieb und den frühen Tod seines geliebten Sohnes beklagte der im September 1901, gezeichnet von Alkohol und Schlaganfällen, an Syphilis gestorben war.
Alles diente “petit Henri” als Zeichenunterlage. In der Orangerie des Familienschlosses zeichnete Karikaturen seiner Cousins und Cousinen auf Wände und Fliesen. Ihr Großonkel, sagt Nicole Tapié, hätte an der Maladie de Crayon, einer Art Bleistiftkrankheit, laboriert: Vom Krankheitsbild kann man sich in der Ausstellung im Kunstforum Wien überzeugen. (Andrea Schurian, derStandard.at,8.10.2014)
Foto: Christian Riviere Das verwunschene, efeubewachsene Château du Bosc in Naucelle, etwa eine halbe Autostunde außerhalb von Albi, kann man besichtigen.
Die Reise erfolgte auf Einladung von Atout France, Air France und vom Tourismusverband Tarn in Kooperation mit dem Kunstforum Wien.
Anreise mit Air France:
Air France bietet mehrere Verbindungen täglich von Wien nach Toulouse über Paris CDG oderLyon an. Information und Reservierung: www.airfrance.at
Informationen bei Tourismusverband Tarn: www.tourisme-tarn.com
Auskünfte bei Atout France unter info.at@rendezvousenfrance.com oder 01/503 28 92, www.rendezvousenfrance.com
Eintrittskarten in die Schlösser Château du Bosc (in dem Henri de Toulouse-Lautrec seine Ferien verbrachte und das zu einem Familienmuseum umgestaltet wurde) und “Château de Mauriac” (ehemaliger Familienbesitz der Toulouse-Lautrecs)
Albi Citypass (freier Eintritt in das Toulouse-Lautrec Museum mit der weltweit größten Sammlung, in die Kathedrale Sainte-Cécile, viele Ermäßigungen in Restaurants, Geschäften etc.)
Ausflüge mit Solex Balades: Information und Reservierung (auf Englisch) beim Tourismusverband Tarn
Tel.: + 33 (0)5 63 77 32 30
Mail: loisirs-accueil@tourisme-tarn.com, www.tourisme-tarn.com
Veranstalter:
es gibt nur wenige, die das Departement Tarn mit im Programm haben:
- Elite Tours - www.elitetours.at
- Ideal Tours - www.idealtours.at
Hotel:
Mercure Albi**** besticht durch die prächtige Aussicht auf den Tarn und die Kulturerbe-Altstadt.. Unbedingt bei der Bestellung klären, ob man ein Raucher- oder Nichtraucherzimmer möchte. www.lemoulin-albi.fr
Restaurants:
Ob in teuren Restaurants oder einfachen Bistros: Man isst üppig. Gut. Und traditionell: nämlich zumeist dreigängige Menüs.
ALBI:
Le Lautrec gegenüber des Geburtshauses von Toulouse-Lautrec ist ein bodenständiges, preiswertes Lokal mit erdigen Weinen und Speisen, die das Wirtspaar Caramelli nach Toulouse-Lautrecs Kochbuch “Die Kunst des Kochens” kreiert.
La Table du Sommelier: liegt in der Rue Porta auf der rechten Seite des Tarn. Der Chef, Daniel Pestre, wurde 2004 zum Sommelier des Jahres gekürt, auf seine Weinempfehlung kann man sich verlassen. Und wem ein Tropfen besonders gut geschmeckt hat, kann den Wein mit nach Hause nehmen, jede Flasche zum Einkaufspreis.
Le Clos Sainte-Cécile (Rue Castelviel, Tel: +33-5-63381974) ist in einer ehemaligen Schule untergebracht, die von einem Onkel Touoluse-Lautrecs gegründet wurde. Besonders stimmungsvoll der Garten.
CORDES-SUR-CIEL.
L´Escuelle des Chevaliers ist, passend zum Mittelalterstädtchen, ganz auf mittelalterliches Essen spezialisiert. Die Wirtsleute erläutern Speiseregeln und -sitten von anno dazumal, wer will, kann sich auch entsprechend kostümieren.
CAHUZAC-SUR-VERE
Schloss-Hotel-Restaurant Château de Salettes des Charmehotels Logis d’exception besticht durch die wunderbare Aussicht - und den Michelin-Stern, den es für die extravagante Verarbeitung lokaler Produkte (etwa Lachs in Apfelgelee) bekommen hat.
Schlösser aus dem Familienbesitz der Toulouse-Lautrec’s, die besichtigt werden können:
•Château du Bosc:
12800 Naucelle
Seit 800 Jahren im Besitz der Familie Toulouse-Lautrec und derzeit seiner Cousine 2. Grades, Nicole Tapié de Céleyran. Dieses Familienschloss, in dem der Künstler seine Ferien verbrachte, ist heute ein Familienmuseum.
•Château de Mauriac
Lieu dit Mauriac
81600 Senouillac
Ehemaliger Besitz von Alexis Tapié de Céleyran (Coursin von Toulouse-Lautrec) und seit 50 Jahren im Besitz des Malers Bernard Bistes.
Musée Toulouse-Lautrec in Albi:
Palais de la Berbie, Eintritt : 8 Euro, ganzjährig geöffnet (außer dienstags)
Handwerkskunst und Kulinarik:
Biscuitererie Deymier in Carmaux:
Das Familienunternehmen von Veronique Deymier stellt “Echaudés”, berühmte Aniskeks, nach dem ältesten Keksrezept Frankreichs her.
Weinverkostung:
Domaine d’Escausses in Sainte Croix
Winzertochter Aurélie Balaran erklärt bei einer Führung durch die Weinkelterei und anschließender Verkostung die typischen Weine der Gaillac-Gegend.
Le safran du terroir tarnais in Montredon-Labessonnié (Tel: +33-9-65294435):
Das Ehepaar Boismartel verarbeitet die Safranernte zu Honig, Gelees, Sirups.
Les Potteries Claire de Terre in Lescure d’Albigeois:
20 Mitarbeiter produzieren zwischen 70 bis 100 Stücke. Jede Töpferware wird 24 Mal in die Hand genommen. Alle Rohstoffe kommen aus Frankreich oder dem benachbarten Europa, wie die resolute Juniorchefin Lore Camillo stolz erzählt.
Mittwoch, 11 April, 2018 um 10:30
Liebe Frau Schurian,
völlig klar, dass Sie auf Reisedetailles und ähnliches auf Wunsch der Standard-Red. genauer eingehen mussten…
Auch dass eine Verwandtschaftsbeziehung zwischen den Eltern bestand, war mir neu - das erklärt Genialität als auch körperliche Gebrechlichkeit.
herzliche Grüße
J. Winter